Drei Esel als Lehrmeister

Drei Esel als Lehrmeister

Frankfurter Rundschau:

Das braune Fell von Esel Urmel glänzt in der Wintersonne. Elena bürstet das Tier
hingebungsvoll. Bisher habe sie
nur mit ihrem Pferd gekuschelt,
sagt die Zehnjährige. „Mit einem
Esel ist das ganz etwas anderes.“
Urmel ist einer von drei Wallachen, die zurzeit am Campus
Klarenthal von Schülerinnen
und Schülern betreut werden.
Zwei Wochen läuft das Eselprojekt an der reformpädagogischen
Privatschule. Die Tiere kommen
vom Wiesbadener Freudenberg,
wo Udo Schläfer und Maria Wippel sie seit sechs Jahren halten.
Die beiden bieten Tagestouren mit den Eseln an, auch
Schulklassen kommen immer
wieder vorbei. Komplett umgezogen seien die Tiere bisher aber
noch nie. „Das ist zum ersten Mal
der Fall“, sagt Udo Schläfer. „Es
klappt sehr gut.“
Ehe das tierpädagogische
Projekt für Grund- und Gesamtschüler:innen starten konnte,
mussten die Voraussetzungen geschaffen werden, um Urmel, Janosch und Emil im Klarenthal
ein Zuhause auf Zeit zu bieten.
Die Weide wurde abgesteckt und
eingezäunt, ein Unterstand leer
geräumt, Heu und Stroh vom
Freudenberg geholt.
„Die Kinder haben bei allen
Arbeiten mitgeholfen, manches
war nur im Team zu schaffen“,
sagt Katja Neinert, die für die
tiergestützte Pädagogik am Campus Klarenthal mit verantwortlich ist. Das Eselprojekt füge sich
sehr gut in das Schulprogramm
ein. „Wir haben hier auch Hunde, Hühner, Schildkröten und Fische“, berichtet Schulleiter Uwe
Becker. „Die Kinder sind gewohnt, Verantwortung für Tiere
zu übernehmen.“
Die Betreuung der Esel erfordert allerdings noch mal besondere Aufmerksamkeit. Während
Urmel ein eher ruhiger Zeitgenosse ist, kann Janosch schon
mal ungemütlich werden, wenn
ihm etwas nicht passt. „Gestern
hat er zugeschnappt, das hat
schon ein bisschen weh getan“,
sagt Daniel (10), der den Wallach
zusammen mit Henri (8) und Samu (7) am Halfter führt. Das Futter für Janosch zuzubereiten, sei
heute morgen ihre Aufgabe gewesen, erzählen die drei Jungs.
Es musste eingeweicht werden.
„Janosch hat nämlich keine Vorderzähne mehr“, erklärt Henri.
Mit den unterschiedlichen
Charakteren der Tiere zurechtkommen, erfühlen, was die Esel
brauchen und was sie überhaupt
nicht mögen – auch das sind
Dinge, die die Schülerinnen und
Schüler in den zwei Projektwochen lernen. Da am Campus Klarenthal jahrgangsübergreifend
gearbeitet wird, sind die Gruppen der Kinder, die sich um die
Esel kümmern, altersgemischt.
Größere haben ein Auge auf die
Jüngeren. „Als Pädagogen müssen wir da gar nicht viel eingreifen“, sagt Katja Neinert.
Auch in der kommenden
Woche werden Urmel, Janosch
und Emil noch im Klarenthal auf
der Weide stehen. Die Kinder
werden sich ums Füttern, Wasser
geben, Bürsten und Abäppeln
kümmern und mit ihnen kleine
Ausflüge unternehmen. Dann
kehren die drei Esel wieder auf
den Freudenberg zurück, wo sie
auch für Privattouren gebucht
werden können.
Infos: www.esel-am-freudenberg.de