Tiergestützte Pädagogik am Campus Klarenthal

ein Artikel von Luis Sauter

Wir alle lieben wohl den Anblick eines süßen Tieres, sein weiches Fell, die entspannte Körperhaltung. Wussten Sie, dass ein großer Teil der Niedlichkeit eines Tieres durch seine Augen bestimmt werden? So nehmen wir ein Tier z.B. um ein Vielfaches süßer wahr, wenn es seine Pupillen weit geöffnet hat. Zu beobachten ist dies unter Anderem bei der Hauskatze.

Hinter unseren tierischen Freunden steckt so viel mehr, als sich zuerst vermuten lässt. Tiere können eine unfassbare Ruhe in uns auslösen. Hier kommt die sogenannte tiergestützte Pädagogik ins Spiel. Diese beschreibt den gezielten Einsatz von (geschulten) Tieren zu Erziehungs- und Bildungszwecken. Am Campus wird dieses Konzept schon seit jeher ausgelebt. Unser Kollegium wird bereits seit Jahren durch liebenswerte Schulhunde ergänzt, welche sich bei der Schülerschaft an großer Beliebtheit erfreuen. Ob auf dem Pausenhof, oder im Unterricht.

Beleuchten wir unsere fellreichen Kollegen doch etwas genauer. Ihre Aufgabe ist auf dem Papier relativ simpel: einfach da sein. Gut, manchmal einen kleinen Trick machen und dafür eine leckere Belohnung erhalten. Was sich nach wenig anhört, kann jedoch immense Auswirkungen haben. So verändert bereits die bloße Anwesenheit eines Vierbeiners die gesamte Stimmung sowie den Umgang im Klassenraum. Schülerinnen und Schüler werden dazu ermutigt, den Raum sauber zu halten, damit der Hund nichts aufnimmt, was ihm nicht bekommen könnte. Zusätzlich kann beobachtet werden, dass der Geräuschpegel abnimmt, da die Schüler den hechelnden Kollegen ungerne unter Stress setzen möchten. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. So kann der Hund nicht nur dabei helfen, den Umgang mit Tieren zu erlernen, sondern auch potenzielle Ängste vor bestimmten Tieren lindern oder in Stresssituationen für Beruhigung sorgen. Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf die wissenschaftliche Seite werfen. Hier vollbringt der Schulhund seine Magie.

Nehmen wir mal an, es ist ein weiterer langer Schultag. Ein Schüler ist durch die angespannte Atmosphäre in der Klasse womöglich in eine Stresssituation geraten. Auch wenn Stress eine natürliche Reaktion unseres Körpers ist, die manchmal sogar gutes mit sich zieht, so würde es in dieser Situation eher wenig bringen, da es im schulischen Umfeld meistens zu einer Art Stresskreislauf im Hirn kommt. In unserem Gedankenexperiment ist unser Schüler durch die Aufgaben so dermaßen gestresst, dass er eine Blockade erleidet und nicht produktiv weiterarbeiten kann.

Das Hirn vertraut in solchen Momenten seinen Urinstinkten. Etwas wird als potenzielle Bedrohung wahrgenommen, somit werden Stresshormone wie z.B. Cortisol freigesetzt, die den Körper „bereit für die Flucht“ machen sollen. Der Körper merkt jedoch, dass sich an der Lage nichts ändert. Klar, die Aufgaben werden sich immerhin nicht einfach in Luft auflösen. Somit hört der Stress nicht auf. Hier kann jetzt der Schulhund seine Arbeit machen.

Und diese ist, wie bereits gesagt, im Grunde ganz einfach: da sein. Der Hund wertet nicht. Manchmal reicht schon ein süßer Blick von ihm in Kombination mit dem allseits bekannten Schwanzwedeln. Jedoch ist natürlich nicht jede Situation gleich. Manchmal braucht es vielleicht etwas mehr. Unser Schüler fängt also an, den Hund zu streicheln. Immerhin kann man diesem Blick nur schwer widerstehen (Stichpunkt: weit geöffnete Pupillen!). Kurz danach fühlt sich unser Schüler etwas besser und er will es nochmal versuchen. Der Hund leistet ihm noch etwas Gesellschaft und zieht dann weiter seine Runden durch die Klasse. Aber was ist da denn nun passiert? Dass Hunde (oder generell Tiere) zu streicheln irgendwie gut tut, wissen wir ja, aber was geschieht da genau?

Nun, wir Menschen sind bekanntermaßen von Natur aus soziale Wesen. Unsere Hirne sind darauf programmiert, den Kontakt zu anderen zu suchen. Als unser Schüler den Hund gestreichelt hat, gab sein Hirn das Hormon Oxytocin frei.

Allgemein ist es wohl eher als das Kuschelhormon bekannt. Ausgelöst wird es u.A. durch zärtliche Berührungen, angenehme Gerüche und sogar bereits bei positivem Augenkontakt (das ist der Grund, warum die Beruhigung teilweise schon beim bloßen Anblick des Hundes einsetzen kann). Besagtes Oxytocin sorgt für einen Zustand der Entspannung. Der Körper kann sich vom Stress erholen, da besagtes Oxytocin dabei hilft, den Cortisolspiegel wieder abzusenken. Der Körper erkennt: es besteht keine Gefahr. Das Hormon verlangsamt den Herzschlag und die Atmung wieder und der Schüler kann neue Kraft tanken und sich wieder besser konzentrieren, da das Hirn nicht mehr mit dem „Überleben“ beschäftigt ist.

Was hier in großem Detail beschrieben wurde, geht in der Praxis ziemlich schnell von Statten. Manchmal reicht schon 1 Minute. Manchmal braucht es vielleicht 5. Hier hat jeder sein eigenes Tempo. Was zählt, ist das Ergebnis.

Dass der simple Akt des Streichelns bereits so große Auswirkungen haben kann, wurde schon in etlichen Studien belegt. Eine davon war eine Studie der University of Washington in den USA. In dieser wurden 249 Schülerinnen und Schüler versammelt, um für 10 Minuten Hunde und Katzen zu streicheln. Die Forscher maßen den Cortisolspiegel der Teilnehmer und, siehe da, nach der Zeit war er deutlich reduziert. Es ist also wissenschaftlich erwiesen: das Streicheln kann in kurzer Zeit sehr viel bewegen und einen auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

Es ist kaum vorstellbar, was unsere tierischen Helfer bewegen können. Und das war noch lange nicht Alles. Es wird immer noch laufend weiter geforscht, zu was unsere Begleiter noch fähig sind. Eins ist jedoch klar: die positiven Auswirkungen sind spürbar und sparen addiert so einiges an Zeit und Nerv. So viel kann erreicht werden. Und das nur durch die Anwesenheit einer kleinen Fellnase.

01.12.2025